Monthly Archive for January, 2012

Wärwolf in der Schallsbach

 

Zwischen Herbstein und Hopfmannsfeld liegt ein Grund, da soll’s nie ganz richtig gewesen sein, man heißt ihn die Schallsbach. Dahin trug eine Frau aus Hopfmannsfeld die Mittagssuppe, denn ihr Mann war früh von Haus weg mähen gegangen. Kaum war sie am Platze angelangt, so sah sie ihren Mann auf die Wiese bei dem Herbsteiner Wäldchen gehen. Kurz darnach lief aus demselben der Wärwolf auf sie zu, stürzte sie zu Boden, schleifte die Jammernde im Angesicht der Leute auf der ganzen Wiese herum, und zerriß ihr endlich den roten Moltongsrock, den sie anhatte. Darauf ließ er sie gehen und lief schnurgerade in den Tannenwald zurück. Bald kam er nun in Menschengestalt als ihr Mann wieder an, und ging zu ihr, legte auch seinen Kopf auf ihren Schooß, um auszuruhen. Aber es stacken ihm noch rote Fasern in den Zähnen. Da sagte die Frau: “Ei, Du hast ja von meinem roten Rock in Deinen Zähnen.” — “Ach, Frau,” antwortete er, “ich wollte nur einmal mit Dir spielen.” — “So ein Spielwerk will ich aber nicht haben,” rief die Frau in ihrer Bosheit, zog, eh’ er sich’s versah, ihr Sackmesser heraus und schnitt ihm die Kehle ab. So fand er seinen Lohn und starb eines bösen schnellen Todes. Zum Gedächtnis dieser Mordgeschichte ward an den Platz ein Stein gesetzt, der hat noch lange dagestanden, darauf war Alles beschrieben.

Aus: Bindewald, Volkssagen aus dem Vogelsberg