Tag Archive for 'Geld'

Leistungskurs

 

Geld verwirrt wegen seiner Vielseitigkeit.

In Geldeinheiten werden zweierlei Dinge bewertet, also gemessen. Einerseits Leistung, in Form zeitgebundener, vergänglicher Dienste, und andererseits Eigentum, wie Boden, Bauten und Mobilien. Dem stehen Zins und Kapital als buchhalterische Abbildungen gegenüber. Es sind grundverschiedene Dinge, aber bewertet mit dem gleichen Geld.

Das Kapital/Eigentum ist der aller Produktion unterliegende Grund, auf dem die Anlagen stehen und die Anlagen, die Sachen selbst; alles ist verpfändbar.

Die Leistung/Zins ist der Beitrag der menschlichen Arbeit, sei es das Ernten und Säen oder das Ausgraben und Verfertigen oder die Dienstleistung.

Alles, was man genießen will, muß geleistet werden oder worden sein. Alles, was geleistet wurde und wird, muß verbraucht werden, denn die Leistung hängt untrennbar an der verrinnenden Zeit. Alles, was man zukünftig genießen will, muß zu diesem späteren Zeitpunkt geleistet werden. Die Leistung selbst kann nicht konserviert werden.

Wenn ein Arbeitender mehr geleistet hat als er verbraucht, steht er vor diesem Problem. Es kann aber die Leistung in Veranstaltungen investiert werden, die später die Leistung erbringen sollen, die man genießen möchte. Das ist erstens riskant und erfordert zweitens Initiative.

Daher ist der Anspruch des reinen Geldsparers an sein Konto eigentlich recht vermessen, daß das alles später wertstabil zu begleichen sei.

 

Keine Suppe seit der Bronzezeit

 
Die Grundlage unseres heutigen Wirtschaftens ist das Eigentum. Das Eigentum entsteht oder besser wird garantiert durch angewandte Macht, ausgeübt mittels Waffengewalt gegen den Leib oder – wie in unserer Zeit – durch einen Staat, der diese Gewalt in institutionalisierter Form ausübt mittels Polizei und Arrest. Aus dem gesicherten Eigentum folgen die Pfänder und damit aller Kredit, alle Schuld und alles Geld als die umlauffähige Variante von Schuld, nämlich Leistung, die man auf Vorrat halten oder weitergeben kann und die erst im Bedarfsfall abgerufen wird.

Die eigentliche Zukunftsaufgabe des Staates ist, das Eigentum zu transzendieren. Erst wenn wir eine Welt haben, in der Eigentum, Geld und Pfänder keine Rolle mehr spielen, brauchen wir uns darüber nicht mehr zu streiten und erst dann können wir uns um die wichtigen Dinge kümmern.

Man verfällt ja nur deshalb auf die durchaus verlockende Vorfinanzierung, weil immer überschüssige, brachliegende Pfänder da sind, also Pfänder, die nicht in Beschlag genommen sind und deshalb für Vorleistungen verpfändet werden können. Dabei tritt das Phänomen auf, daß fällig gestellte Kredite nicht bedient werden können wegen den Wechselfällen des Lebens und daß daraus Schwankungen in den Bewertungen der Schulden und ihrer Spiegelung, den Guthaben entstehen.

Im Moment sind wir in eine Kontraktionsphase eingetreten, in der viele Kredite wieder getilgt werden sollen, wo die Leute im Sinne von Geld ist umlauffähig gemachte Schuld halt diese Guthaben bei ihren Schuldnern jetzt mal einlösen wollen gegen Leistungen, und es sich zeigt, daß große Teile dieser Leistungen einfach nicht da sind. Die Vorleistungen wurden verbaut, verplempert oder was auch immer, jetzt ist die versprochene Energie schlicht nicht da. Der Schuldner ist nicht in der Lage zu leisten – das klassische Risiko aller Vorfinanzierung und der Moment, wo sich ein bis dahin für werthaltig angesehenes Guthaben in eine schwer, das heißt erst in fernerer Zukunft, oder in eine garnicht einbringbare Forderung verwandelt. Deshalb das gegenwärtige Krisengeschrei; man versucht von seiten des Staates zu retten, indem man weitere Vorfinanzierung in einem nie gekannten Ausmaß verspricht. Die Experten rätseln noch, ob daraus Inflation entsteht oder Deflation oder gar beides, der gesunde Menschenverstand muß einfach sagen: es geht nicht, es kann nicht gehen. Wenn der Hungrige seinen Gutschein gegen eine Suppe einlösen will, dann hilft ihm nur die Suppe gegen seinen Hunger, und nicht ein neuer Gutschein, auch nicht einer aus Gold. Versprechen können nicht durch weitere Versprechen eingelöst werden, eine Prolongation tilgt nicht.

Eigentum ist ein Konzept aus der Bronzezeit. Mit meinem Bronzeschwert, damit schlug ich dir vor den Kopf und sicherte so mein Eigentum. Das wurde dann abgelöst durch Schuld, Pfand und Geld statt körperlicher Strafe und durch den Staat statt Schwert und so weiter und muß nun transzendiert werden im 21. Jahrhundert, muß durchdrungen und überwunden werden.

Damit meine ich nicht, das Eigentum irgendwie gerecht oder gleichmäßig auf Alle zu verteilen oder zu Vergesellschaften oder irgendwas in dieser Art, sondern das ganze Konzept Eigentum aufzugeben, und damit auch die sichernde Gewalt. Denn die Bronzezeit liegt hinter uns; wenn zurück, dann höchstens in die Steinzeit, vor der Seßhaftwerdung, auch als Paradies bekannt.
 

Machtverzicht

 
Im Grunde speist sich mein innerliches Unbehagen am Sozialismus daraus, daß in ihm das Geld nicht abgeschafft war. Das ist für mich der Beweis, daß in ihm, genauso wie überall, ein Machthaber regelmäßig Tribut fordert und eintreibt, einfach weil er es kann. Daß dahinter ein guter Zweck und die gerechte Verteilung der gemeinschaftlichen Resourcen stehe, ist nur eine Rationalisierung, um den Raub durch den Machthaber zu bemänteln.

Mein Sozialismus wäre einer ohne Geld, sozusagen einer der Herzen.

Die aufrechten Sozialisten haben etwas gemein mit den mittelalterlichen Heiligen, die im Hagel der Steine oder Pfeile mit einem Lächeln auf den Lippen sterben, weil sie ihrer Sache sicher sind. Arm aber glücklich, weil auf der richtigen Seite. Und das ganz ohne Metaphysik, ohne Verweis auf eine Belohnung nach dem Tode.

Dabei ist für mich das größte Rätsel, daß obwohl der Sozialismus viel weniger als das Christentum bietet – verzichte auf deine Macht ohne das Versprechen einer postmortalen Kompensation – er trotzdem Zulauf findet. Insofern sind die Sozialisten viel gründlichere Moralisten als die Christen. Wobei sich das mit dem Zulauf legt, sobald der Sozialismus herrscht.